Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Fotofreunde,

aufgrund der Existenz des „SKF Fotokreises Schweinfurt“ seit 1965 und dessen breiten fotografischen Spektrums wurde 1998 die überregionale „Schwarz/Weiss-Arbeitsgemeinschaft Süd“ gegründet, die sich mit der klassischen, analogen Schwarz/Weiss-Fotografie befasst und diese pflegt. Die inzwischen über 70 Mitglieder aus dem ganzen Bundesgebiet und auch Österreich umfassende „AG“ befasst sich ebenfalls mit der Vielzahl alter, fotografischer Edeldrucktechniken aus dem 19. Jahrhundert und entdeckte auch die Lochkamera für sich wieder neu. Mitglieder der „AG“ eröffneten in München ein Projekt, von dem wie folgt berichtet wird:  

Wie hat es angefangen?

Michael Harms von der „Galerie Blickwinkel 180°“ hatte anlässlich des „World-Wide-Pinhole Day 2007“ am 29. April 2007 die Idee, eine Lochkamera zu bauen. Somit baute er eine begehbare camera obscura mit der die Straßenszene vor der Tür seiner „Galerie Blickwinkel 180°“ an eine weiße Wand projiziert wurde. Jeder, der wollte, konnte sich in diesen „dunklen Raum“ (was camera obscura ja bedeutet) begeben und dieses kopfstehende Bild ansehen und so die Funktionsweise der Camera Obscura erfahren. In der Galerie gab es auch einige Bilder von Lochkamera-Künstlern zu sehen; es wurde an diesem Tag auch mit den unterschiedlichsten Lochkameras gearbeitet und auch gleich entwickelt. Einige dieser Ergebnisse sind unter www.pinholeday.org (April 29, 2007, Country: Germany, City: Gilching) zu sehen. Außerdem hat Michael Harms eine camera obscura gebaut die eine 8 x 10''-Planfilmkassette aufnehmen kann. Auf der gegenüberliegenden Seite hat er ein Loch mit einem Durchmesser von 0,6 mm gebohrt und schon war die Lochkamera fertig. Es ist jene Lochkamera, mit der die hier gezeigten Bilder erarbeitet wurden und die hier zu sehen ist.

Start des Projekts „Pinhole auf Reisen“:

Nach dem „Wold-Wide-Pinhole-Day“ wurde das Projekt „Pinhole auf Reisen“ gestartet und die Lochkamera dem Ersten übergeben, um zu fotografieren. Überraschenderweise war dies Friedrich Saller aus München, der die Lochkamera in die Hand gedrückt bekam mit der Devise, dass diese Kamera nun auf Reisen gehen soll und das Jeder der mitmachen möchte, herzlich dazu eingeladen ist. Die Kamera soll von Hand zu Hand gehen und Jedem, der möchte, die Möglichkeit gegeben werden, mit dieser Lochkamera seine Bildidee fotografisch umzusetzen. Die ersten Aufnahmen hat Friedrich Saller an den darauf folgenden Tagen gemacht und natürlich auch gleich entwickelt. Man ist ja auch neugierig und will sehen, was da so entsteht. Und die Ergebnisse waren für ihn sehr überraschend. Mit einer solchen Detailtreue hatte er nicht gerechnet.
Dann fing er an, die ihm nächsten Personen zu kontaktieren um ihnen die Möglichkeit zu geben, auch bei diesem Projekt dabei sein zu können und zugleich Erfahrungen zu sammeln, wie die Lochkamera angenommen wird. Die damit erstellten Negative gehen nach der Entwicklung zur Weiterverarbeitung an Michael Harms, der diese scannt und für die weitere Verarbeitung vorbereitet und archiviert. Die fortlaufende Dokumentation der ganzen Arbeiten hat ebenfalls Friedrich Saller übernommen: Name des Fotografen, Datum, Uhrzeit, Ort der Aufnahme Motiv. Das Recht am Bild verbleibt beim Fotografen; auch das Negativ ist sein Besitz.   

Die Idee dahinter:

Die Idee dahinter ist, dass die Kamera mit geladenen Planfilmkassetten quasi selbstständig auf Reisen geht, und so die Sicht der einzelnen Teilnehmer auf ihre Welt freigibt. Hier steht nicht die Technik, sondern die Kreativität der Teilnehmer im Vordergrund. Der Bogen der hier geschlagen wird, könnte größer nicht sein: Eine Aufnahmetechnik aus der Frühzeit der Fotografie verbunden mit der  Negativ-Entwicklungstechnik, die wir seit eineinhalb Jahrhunderten kennen, bis zum heutigen digitalen Zeitalter mit der Hybrid-Technologie beim scannen der Negative und dem digitalen Ausdruck der Bilder für eine Präsentation! Dieser Bogen führt uns auch vor Augen, welche Entwicklung die Fotografie in rund 170 Jahren gemacht hat: Unsere mit der Lochkamera erstellten Negative (auch Papiernegative) und Dias werden gescannt, digital in Form gebracht und mit archivfesten Pigmenttinten auf archivfestes, edlem Papier gedruckt.
Trotz all der Technologien ist jedoch eines gleich geblieben: Die Bildidee des Fotografen steht am Anfang. Sie allein ist Grund und Auslöser eines Bildes, sie bestimmt die künstlerische Qualität. Die heutige Technik kann gute Bilder besser wirken lassen, aber niemals aus schlechten Bildern gute machen. Genau dies führt uns die Reduktion auf die einfache, ja fast primitive Technik der Lochbildkamera wieder vor Augen.

Wo stehen wir Heute:

Bis zum heutigen Tage haben über 100 Personen an diesem Projekt teilgenommen und es sind dabei mehr als 400 Negative, mehrerer Papiernegative und einige Dias entstanden. Der jüngste Teilnehmer ist 7 Jahre jung, der Älteste Teilnehmer über 80 Jahre alt. Reine Laien aber auch Foto-Amateure und Profis haben sich gleichermaßen beteiligt. Die Kamera war inzwischen in  Belgien, England, Frankreich, Singapur und ist derzeit in den USA. Es gibt noch viele Personen, die ihr Interesse bekundet haben und die auch bei diesem Projekt mitmachen wollen. Es geht also weiter!

Wo wollen wir morgen zu sehen sein:

Ziel von Michael Harms war es, dass genügend Aufnahmen entstehen sollten (ca. 20) um eine kleine Ausstellung zu gestalten. So wie es aussieht, ist inzwischen genügend Material vorhanden, um eine große Ausstellung zu bestücken und damit die unterschiedlichsten Sichtweisen der Teilnehmer zu zeigen. Aus der „Pinhole auf Reisen“ soll nun weiterführend die „Ausstellung - Camera auf Reisen“ entstehen. Auch gibt es Gedanken hinsichtlich eines Buches.

Was ist der nächste Schritt:

Die Premiere der „Ausstellung – Camera auf Reisen“ wird in der neuen Kunsthalle in Schweinfurt sein. Der dort ansässige Kunstverein um Rechtsanwalt und Vorstand Dr. Haas wird die Bilder ausstellen. Es werden rund 100 Exponate gezeigt. Dies wird vom 23.09. bis 03.10.2010 sein. Die Vernissage ist am 23.09.2010 um 19.00 Uhr.


Michael Harms, München       Friedrich Saller, München
Initiator „Pinhole auf Reisen“    Koordinator „Pinhole auf Reisen“

Rüdiger Horeis, Gochsheim
Leiter  „SKF Fotokreis Schweinfurt“ und „Schwarz/Weiss-Arbeitsgemeinschaft Süd“